Psychotherapeut:innen
Einfach gesprochen sind Psychotherapeut:innen Personen, die Psychotherapie machen. Qualifizierte Personen, die eine durch die gesetzlichen oder privaten Krankenkassen finanzierte Psychotherapie durchführen dürfen, sind in Deutschland Psycholog:innen, Ärzt:innen und für die Psychotherapie bei Kindern und Jugendlichen zusätzlich Pädagog:innen. Psychologische Psychotherapeut:innen habe ein Diplom-Studium oder ein Bachelor- und Masterstudium in Psychologie absolviert und im Anschluss eine mehrjährige Weiterbildung zum:zur Psychotherapeut:in absolviert. Ärztliche Psychotherapeut:innen haben ein Medizinstudium absolviert und im Anschluss eine Facharztweiterbildung im Bereich Psychiatrie & Psychotherapie oder im Bereich Psychosomatik & Psychotherapie absolviert. Auch für Ärzt:innen aus anderen Fachbereichen besteht die Möglichkeit durch eine Weiterbildung im Bereich Psychotherapie eine Zusatzqualifikation als ärztliche Psychotherapeut:in zu erwerben.
Psychotherapieverfahren
Nach der Reform des Psychotherapeutegesetztes von 2020 sollen Psychologische Psychotherapeut:innen zukünftig nur noch als Psychotherapeut:innen bezeichnet werden, während für Psychotherapeut:innen mit einer ärztlichen Grundqualifikation der Begriff Ärztliche Psychotherapeut:innen bestehen bleibt.
Es gibt verschiedene Psychotherapieverfahren. Welche Behandlungsverfahren als Leistungen der gesetzlichen Krankenkassen anerkannt und somit durch diese finanziert werden, entscheidet der Gemeinsame Bundesausschuss der Krankenkassen. Zum aktuellen Zeitpunkt wird Psychotherapie in den folgenden Verfahren durch die gesetzlichen Krankenkassen finanziert: Verhaltenstherapie, analytische Psychotherapie, Tiefenpsychologisch-fundierte Psychotherapie und Systemische Psychotherapie.
Wie findet man eine:n Psychotherapeut:in?
Die Nachfrage nach ambulanter Psychotherapie ist groß. Das hat zur Folge, dass die Wartezeiten für den Beginn einer Therapie lang sind, eine Psychotherapie häufig mit langen Fahrtwegen für die Betroffenen verbunden ist und/ oder erheblicher Aufwand betrieben werden muss, um die Termine beispielsweise mit der Kinderbetreuung oder den Anforderungen am Arbeitsplatz zu vereinen.
Die Dichte an Psychotherapeut:innen ist sehr unterschiedlich. So wird man in städtischen Regionen wesentlich mehr Praxen finden als in einer ländlichen Region. Für Suchende mit einer gesetzlichen Krankenversicherung ist es wichtig darauf zu achten, ob es sich um Psychotherapeut:innen mit einer Kassenzulassung handelt, also Praxen, welche die entstehenden Kosten für die Psychotherapie direkt mit der gesetzlichen Krankenkasse abrechnen können. Für Suchende mit privater Krankenversicherung besteht darüber hinaus die Möglichkeit die Psychotherapie-Leistung von privaten Praxen in Anspruch zu nehmen. Zudem besteht die Möglichkeit, dass auch gesetzlich Krankenversicherte, nach wiederholten Absagen durch verschiedene Praxen, im Rahmen des Kostenerstattungsverfahrens, eine Psychotherapie in einer Privatpraxis wahrnehmen können und diese mit ihrer gesetzlichen Krankenversicherung abgerechnet werden kann. Daher ist es wichtig, dass Personen bei der Suche nach einer Psychotherapie auch Absagen sorgfältig dokumentieren.
Viele Psychotherapiepraxen werden nur von einer:einem Psychotherapeut:in betrieben und haben keinerlei weitere Praxismitarbeiter:innen. Dies hat zur Folge, dass man dort, anders als zum Beispiel in einer Hausarztpraxis, nicht ohne Termin erscheinen und sich nach Therapiekapazitäten erkundigen kann. Alle psychotherapeutischen Praxen haben jedoch feste Sprechzeiten, zu denen Sie, in der Regel telefonisch, erreichbar sind. Für Betroffene auf der Suche nach einem Therapieplatz ist es wichtig, dass sie zu diesen Zeiten Kontakt zur Praxis aufnehmen. Ein persönlicher Anruf zu den Sprechzeiten ist wesentlich erfolgsversprechender als eine Email oder sonstige Kontaktaufnahme. Zudem sollte der:die Betroffene unbedingt selbst Kontakt zur Praxis aufnehmen. Auch wenn bei schwerer Erkrankung die zahlreichen und häufig vergeblichen Kontaktaufnahmen kräftezehrend und herausfordernd sein können, wird eine Therapieplatzsuche durch Dritte häufig als mangelnde Therapiemotivation verstanden. Denn auch eine Psychotherapie erfordert eine erhebliche Mitarbeit des Betroffenen.
Eine Übersicht aller psychotherapeutischen Praxen (mit Kassenzulassung/ direkter Abrechnung mit den gesetzlichen Krankenkassen) findet sich bei der Arzt- und Psychotherapeutensuche der Kassenärztlichen Bundesvereinigungen. Die Terminservicestellen der Kassenärztlichen Vereinigungen vermitteln freie Termine für die Psychotherapeutische Sprechstunde, die Akutbehandlung und probatorische Sitzungen. Wird im Rahmen der psychotherapeutischen Sprechstunde die Notwendigkeit für eine psychotherapeutische Akutbehandlung bescheinigt, darf die Wartezeit auf einen Behandlungstermin die Dauer von 4 Wochen nicht überschreiten. Bei Terminvermittlung über die Terminservicestellen besteht jedoch kein Anspruch auf die Vermittlung in einer bestimmten Psychotherapiepraxis.
Zudem bieten viele Krankenkassen ihren Versicherten Unterstützung bei der Suche nach einem Therapieplatz an. Manche Krankenkassen verfügen an einigen Standorten auch über spezielle Therapiezentren, wie das Institut für psychogene Erkrankungen im Centrum für Gesundheit der AOK Nordost in Berlin.
Viele psychotherapeutische Praxen haben zudem eine Internetseite, auf der die Kontaktdaten und telefonischen Sprechzeiten, sowie Informationen zu Behandlungsverfahren und ggf. Schwerpunkten oder Zusatzqualifikationen zu finden sind.
Neben niedergelassenen Praxen verfügen viele Weiterbildungsinstitute für Psychotherapie über eigene Ambulanzen. Dort führen Ärzt:innen, Psycholog:innen oder Pädagog:innen mit bereits abgeschlossenem Studium in der Weiterbildung zum:zur Psychotherapeut:in die ambulanten Psychotherapien durch. Die noch in der Ausbildung befindlichen Psychotherapeut:innen werden von erfahrenen Lehrtherapeut:innen bei der Therapiedurchführung supervidiert. Dabei findet in der Regel nach jeder vierten Therapieeinheit mit dem Betroffenen eine Supervisionssitzung von Therapeut:in und Supervisor:in statt. Häufig besteht die Möglichkeit in diesen Ambulanzen schneller einen Therapieplatz zu bekommen, als in niedergelassenen Praxen. Der Weg zu einem Therapieplatz ist jedoch in der Regel auch mit mehreren Vorgesprächen, häufig mit verschiedenen Personen, verbunden.
Ablauf der Psychotherapie
Psychotherapeutische Sprechstunde: Vor Beginn einer psychotherapeutischen Behandlung (Akutbehandlung oder probatorische Sitzungen für eine Kurz- oder Langzeittherapie) ist zunächst die Inanspruchnahme einer psychotherapeutischen Sprechstunde von mindestens 50min erforderlich. Von dieser Regelung ausgenommen sind Personen, die vorab eine stationäre Krankenhausbehandlung oder Rehabilitationsbehandlung in Anspruch genommen haben. Eine Überweisung zur psychotherapeutischen Sprechstunde und/ oder vorangehende Konsultation eines Arztes oder einer Ärztin ist nicht erforderlich. Die psychotherapeutische Sprechstunde kann bei Erwachsenen in Einheiten von mindestens 25 Minuten höchstens bis zu sechsmal je Krankheitsfall (insgesamt bis zu 150min) in Anspruch genommen werden. Alle Psychotherapeut:innen sind verpflichtet wöchentlich psychotherapeutische Sprechstunden anzubieten. Im Rahmen der psychotherapeutischen Sprechstunde erfolgt eine orientierende diagnostische Einschätzung und eine Empfehlung für weitere Maßnahmen. Die Betroffenen erhalten im Rahmen der psychotherapeutischen Sprechstunden eine Bescheinigung (PTV11), auf welcher der/ die Psychotherapeut:in dokumentiert, ob eine behandlungsbedürftige psychische Störung (Diagnose/ Verdachtsdiagnose) vorliegt und welche weiteren Maßnahmen erforderlich sind. In diesem Formular kann u.a. festgelegt werden, dass eine ambulante psychotherapeutische Behandlung notwendig ist. Dazu sind weitere Informationen, zum Beispiel das empfohlene Behandlungsverfahren, zu nennen. Darüber hinaus muss angegeben werden, ob eine notwendige psychotherapeutische Behandlung in der Praxis möglich ist, welche die psychotherapeutische Sprechstunde durchgeführt hat. Zudem erhalten alle Personen, die eine psychotherapeutische Sprechstunde wahrnehmen, ein Informationsblatt zu Psychotherapie (PTV10). Alternativ können auch andere Beratungs- und Hilfsangeboten empfohlen werden, beispielsweise eine Familien- oder Paarberatung. Diese Leistungen werden nicht durch die gesetzlichen Krankenkassen finanziert, werden jedoch in der Regel kostenfrei von den jeweiligen Beratungsstellen angeboten. Wird im Rahmen der psychotherapeutischen Sprechstunde eine psychotherapeutische Behandlung empfohlen, ist die Terminservicestelle verpflichtet innerhalb von 4 Wochen einen Termin für eine probatorische Sitzung bei einer psychotherapeutischen Praxis zu gewährleisten, bei Notwendigkeit einer psychotherapeutischen Akubehandlung (besonderer Dringlichkeit) innerhalb von 2 Wochen.
Akutbehandlung: Eine Akutbehandlung ist eine psychotherapeutische Behandlung mit bis zu 24 Einzelsitzungen (je 25min) oder 12 Behandlungen (je 50min) und kann bei besonders dringenden Behandlungsbedarf in Anspruch genommen werden. Die Akutbehandlung kann direkt im Anschluss an die psychotherapeutische Sprechstunde begonnen werden. Es muss keine Kostenübernahme der Krankenkasse vorab beantragt werden. Die Akutbehandlung muss jedoch der jeweiligen Krankenkasse gemeldet werden (Formular PTV12). Im Anschluss an eine Akutbehandlung kann eine weitere psychotherapeutische Behandlung nach Bewilligung der jeweiligen Krankenkasse erfolgen. Dafür sind mindestens zwei probatorische Sitzungen durchzuführen. Zudem werden die Sitzungen im Rahmen der Akutbehandlung auf das Gesamtkontingent zur Verfügung stehender Behandlungseinheiten angerechnet.
Probatorische Sitzungen: Probatorische Sitzungen sind Probesitzungen, in denen Therapeut:innen und Betroffene sich kennenlernen und herausfinden können, ob sie sich beide eine längerfristige therapeutische Zusammenarbeit vorstellen können. Sie dienen der weiteren Klärung der Diagnose und der Feststellung der Eignung der:des Betroffenen für ein bestimmtes Psychotherapieverfahren. Dabei stehen Therapeut:innen und Betroffenen insgesamt 4 probatorische Sitzungen zur Verfügung. Vor Beginn einer längerfristigen psychotherapeutischen Behandlung (Kurzzeit- oder Langzeittherapie/ Richtlinienpsychotherapie) sind mindestens zwei probatorische Sitzungen erforderlich. Für die Kurzzeit- und Langzeittherapie muss die Kostenübernahme vorab durch die jeweilige Krankenkasse bewilligt werden. Die Antragstellung der Kostenübernahme erfolgt in der Regel durch die Psychotherapeut:innen in Absprache mit den Betroffenen. Vor Beginn einer längerfristigen Psychotherapie ist eine ärztliche Abklärung (somatischer Befund) erforderlich, um körperliche Ursachen, welche die psychische Erkrankung (mit)bedingen auszuschließen bzw. zu identifizieren und zu behandeln.
Kurzzeittherapie: Eine Kurzzeittherapie kann mit insgesamt bis zu 24 Therapieeinheiten erfolgen. Es ist eine Antragstellung erforderlich, die in zwei Schritten für jeweils 12 Therapieeinheiten erfolgt. Im Rahmen der Bewilligung der Kostenübernahme durch die gesetzlichen Krankenkassen ist in der Regel kein Gutachten erforderlich. Eine Gutachtenerstellung ist lediglich erforderlich, wenn innerhalb der letzten 2 Jahren bereits eine ambulante Psychotherapie erfolgt ist oder ein Gutachten von der jeweiligen Krankenkasse explizit gewünscht wird. Die Antragstellung erfolgt mit den Antragsformularen PTV1 und PTV2. Die Antragstellung des ersten Kontingenz (1.-12. Therapieeinheit) ist nach der ersten probatorischen Sitzung möglich. Der Termin für die zweite probatorische Sitzung muss jedoch bereits festgelegt und dokumentiert werden. Eine Antragstellung des zweiten Kontingenz (13.-24. Therapieeinheit) kann nach abgeschlossener 7. Therapieeinheit erfolgen. Sollte nach 3 Wochen keine Rückmeldung der Krankenkasse erfolgt sein, gilt der Antrag als bewilligt. Eine Bewilligung ergeht lediglich an Betroffene, eine Absage an Betroffene und Therapeut:in. Eine Kurzzeittherapie kann auf Antrag und nach Gutachtenerstellung in eine Langzeittherapie umgewandelt werden.
Langzeittherapie: Die Langzeittherapie kann als Einzel- oder Gruppentherapie erfolgen. Dabei erfolgt die Behandlung in Einzelsitzungen in der Regel mit einer Dauer von 50min und die Gruppentherapie in der Regel mit einer Dauer von 100min. Bei der systemischen Therapie finden Therapiesitzungen auch häufig im Mehrpersonensetting, d.h. gemeinsam mit Angehörigen statt. Das Kontingent der Langzeittherapie ist abhängig vom jeweiligen Therapieverfahren und davon abhängig, ob die Therapie in Einzelsitzungen oder in Gruppensitzungen erfolgt. Für das Gesamtkontingent sind jeweils zwei Beantragungsschritte erforderlich.
Für die analytische Psychotherapie können im Einzelsetting in einem ersten Beantragungsschritt 160 Therapieeinheiten und nach Verlängerungsantrag insgesamt 300 Therapieeinheiten bewilligt werden. Im Gruppensetting sind im ersten Beantragungsschritt 80 Therapieeinheiten und nach Verlängerungsantrag 150 Therapieeinheiten möglich.
Für die systemische Therapie können im Einzel-, sowie im Gruppensetting in einem ersten Beantragungsschritt 36 Therapieeinheiten und nach Verlängerungsantrag insgesamt 72 Therapieeinheiten bewilligt werden.
Für die tiefenpsychologisch-fundierte Psychotherapie können im Einzelsetting in einem ersten Beantragungsschritt 60 Therapieeinheiten und nach Verlängerungsantrag insgesamt 100 Therapieeinheiten bewilligt werden. Im Gruppensetting sind im ersten Beantragungsschritt 60 Therapieeinheiten und nach Verlängerungsantrag 80 Therapieeinheiten möglich.
Für die Verhaltenstherapie können im Einzel-, sowie im Gruppensetting in einem ersten Beantragungsschritt 60 Therapieeinheiten und nach Verlängerungsantrag insgesamt 80 Therapieeinheiten bewilligt werden.
Gruppentherapie: Gruppentherapien können mit 3 bis 9 Teilnehmer:innen erfolgen. Eine größere Gruppengröße (6 bis 14 Teilnehmer:innen) ist möglich, wenn zwei Therapeut:innen die Gruppentherapie durchführen. Einzel- und Gruppentherapie können kombiniert werden. Die Einzel- und Gruppentherapie kann dabei durch den:die gleiche Psychotherapeut:in oder durch zwei verschiedene Psychotherapeut:innen erfolgen.
Weitere Informationen sind auf der Seite des Bundesministeriums für Gesundheit und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung zu finden.